Fischers Zeilen im Dezember 2019

Da ist so manchem Strahlentherapeuten das Plätzchen im Steigenberger Hotel in Berlin beim 11.Herbstsymposium des BVDST am 29.11.2019 sicher im Hals stecken geblieben.

Gespannt warteten alle zahlreich erschienenen Teilnehmer auf die Vorträge zu den Veränderungen im EBM und in der GOÄ. Was dann aber Herr Dr. Casser von der KBV verkündete, war trotz der häufigen Ankündigungen von Herrn Dr. Leßmann in den Jahren zuvor sehr schwere Kost, ja ein Schlag in die Magengrube. Immer ist man davon ausgegangen, dass bei einer Änderung gleichzeitig eine neue Leistungslegende entstehen würde und nicht nur eine Kürzung der Sachkostenpauschalen.

Man konnte es bei dem weiten Ausholen von Herrn Dr. Casser zur Begründung fast schon vermuten……..es wird unangenehm. Natürlich standen neben den Gesetzlichen Grundlagen mit dem § 87 Abs. 2 SGB V und der ins Gesetz geschriebenen Verpflichtung, die technischen Leistungen zu Gunsten der sprechenden Medizin abzuwerten sowie der namentlichen Nennung gerade auch der Strahlentherapie und den Daten des statistischen Bundesamtes nur eine geringe Verteidigungslinie zur Verfügung. Dies trotz der umfangreichen Bemühungen durch den Vorstand und der eingeschalteten Beratungsfirma. Denn was wie ein Damoklesschwert über allem hing und weiterhin hängt, ist die Neutralität in den Ausgaben in den Fächern.

Was so harmlos klingt, führte letztlich auch beim Vorstand zu Unverständnis, da die Notwendigkeit einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation von den Spitzenverbänden und der KBV nie bestritten wurde. Was aber bringt diese, wenn – egal was dabei herauskommt – ohnehin nichts geändert werden wird, sondern das Ergebnis schon vorher fest einbetoniert ist. Oder ist die KBV so weit wie Thomas Alva Edison?

Ich habe mit Erfolg zehntausend Wege entdeckt, die zu keinem Ergebnis führen

Arbeit macht sich der Vorstand definitiv. Begründet wird alles mit betriebswirtschaftlichen Kalkulationen, aber der Kostenneutralität in die Augen zu schauen, während alle Kosten in der Einrichtung tatsächlich steigen, fällt schwer.

Das dann berichtete Ergebnis:
➢ zuerst die Umsetzung des EBM zum 1.4.2020
➢ Beibehaltung der Kapitelstruktur
➢ Absenkung der Sachkostenpauschale um 22 %
➢ Im Ziel eine Absenkung um 9,5 % im Bereich der GKV

löste sicher keine Begeisterung aus. Das im zweiten Schritt dann im Jahr 2021 eine Überarbeitung des Kapitels der Strahlentherapie erfolgen solle – dazu muss man wissen, dass die Strahlentherapie eines der wenigen Fächer ist, bei denen noch keine neuen Inhalte hinterlegt sind – führte gerade dann wieder zu leeren Gesichtern, als von Herrn Dr. Casser die klare Vorgabe

der Leistungsbedarf soll auch im zweiten Reformschritt konstant bleiben

formuliert wurde. Natürlich warten hier alle auf die längst überfällige Berücksichtigung der IMRT, IGRT und der Stereotaxie sowie der Frage, wie man zukünftig mit der Hypofraktionierung gerade hinsichtlich der Abrechnung umgehen kann. Aber auch an dieser Stelle erfolgte der Hinweis, dass der Leistungsbedarf nicht steigen solle. Ob dies bei einem Wegfall der Sachkosten dann entsprechend erfolgen wird, oder ob man dann erst wieder an dieser Schraube dreht und so langsam aber sicher den Schmerzpunkt bei den Einrichtungen finden wird, zeigt sich erst im Jahr 2021.

Was sollen die Erweiterungen der Datenstruktur bringen, wenn über allem doch wieder das Dogma der Ausgabenneutralität schwebt. Die von Herrn Dr. Leßmann gebetsmühlenartig vorgetragene Problematik der Personalkostenerhöhungen aufgrund der Strahlenschutzrichtlinie soll zwar berücksichtigt werden………..aber wie das bei der Überschrift des konstanten Leistungsbedarfs funktionieren soll, wurde nicht erläutert.

Ob bei der nachfolgenden Berechnung die Worte von Amschel Meyer Rothschild trösten, darf getrost bezweifelt werden:

Ihr Geld ist nicht weg, mein Freund, es hat nur ein anderer

Für alle die die Absenkung der GKV Umsätze mit 10 % so einfach weglächeln, sei folgendes Rechenbeispiel einer Strahlentherapie angeführt:

Umsatz GKV 2.500.00,- €
Umsatz PKV 350.000,- €
Umsatz Krankenhaus 150.000,- €

Summe 3.000.000.- €

Bei einer Kostensumme inkl. Abschreibung von 2.300.000.- € würde das zu einem Gewinn von 700.000.- € führen. Dieser Umsatz wäre typisch für zwei Ärzte in der Niederlassung. Wenn nun der GKV Umsatz um 10 % sinkt, schlägt dies 1:1 im Gewinn durch, d.h. wir reden dann noch 450.000.- € Gewinn, was einem Rückgang im Ergebnis von gut 35 % entspricht.

Jeder kann sich das sehr gut für sich ausrechnen. Wir können aber jetzt schon eines sagen: Wer mehr als 40 % Sachkosten in den GKV Vergütungen hat, wird hier noch größere Schmerzen haben.

Die nachfolgenden Mitteilungen von Herrn Dr. Leßmann hinsichtlich der GOÄ waren dann zwar generell positiv, da man dort eine aktuelle Leistungslegende definiert hat und letztlich von einer Umsetzung in der Form ausgeht. Trotzdem kann man hier noch nicht auf der sicheren Seite sein. Das sollte jedem leitenden Arzt in den Einrichtungen klar werden. Erst nach der Umsetzung mit der Kapitelstruktur zu den aufgerufenen Preisen, könnte eine Entwarnung erfolgen. Dies gerade deshalb, weil ja viele sich so eine kompensatorische Möglichkeit für die Rückgänge im EBM erhoffen.

Schaut es bei den anderen technischen Fächern besser aus? Ein kleiner Blick über den Tellerrand zu den Diagnostikern.

Die Radiologen wurden nach der epischen Diskussion um die Kontrastmittelvergütung wie „die Sau durch das Dorf getrieben“, denn in der öffentlichen Wahrnehmung hat man sich hier durch ein geschicktes Einkaufsverhalten großzügig bedient. Dass dies nicht so ist, wurde in einem guten Artikel in der RÖFO deutlich…………nur wer liest das?

Natürlich hat man oft das Gefühl, das die Facharztgruppen generell nach dem St. Floriansprinzip vorgehen………oder drücken es die Schwaben in einem alten Sprichwort noch besser aus:

Mir ist kein Opfer zu groß, das die anderen für mich tun können

Statt sich gemeinsam zu solidarisieren freut man sich, wenn der andere mehr weggenommen bekommt als man selbst.

Zur Politik kann und mag ich gar nichts mehr sagen. Alleine die Unterhauswahl in Großbritannien löst noch körperliche Schmerzen aus. Da wir gefühlt ewig über ein Brexit-Abkommen verhandelt und dauernd gehört haben, das die Inselbewohner gar nicht aus der EU wollen und dann bei der erstbesten Wahl derjenige haushoch gewinnt, der den Unsinn angezettelt hat………einfach ohne Worte. Natürlich alles wieder irgendwie erklärbar, weil der Gegenkandidat kein Charisma hätte und sich nicht klar genug positioniert hat. Trotzdem kann und will ich mich als Europäer mit dem Theater nicht anfreunden. So fürchterlich die Akteure heute sind, gewählt werden diese von den Einwohnern des jeweiligen Landes und jeder hat die Vertretung, die er verdient. Mehr muss man dazu nicht ausführen.

Am Ende möchte ich Sie nochmals mit der Aussage von Herrn Dr. Casser konfrontieren. Er sagte: „Vielleicht sollten Sie mehr betonen, dass Sie auch Therapeuten sind und viel mit den Patienten sprechen.“ Auch wenn im Fachgebiet die Therapie bereits steht und die Gespräche mit den Patienten ohne Zweifel lange, intensiv und häufig sein können, angekommen ist diese Tatsache sicher noch nicht bei den Leuten in den Kassen oder in der KBV. Dort sind die Strahlentherapeuten so etwas wie die typischen Gerätemediziner. Vielleicht ein Ansatz für die nächsten Verhandlungen.

Wie immer gilt für Sie, falls Sie von uns nichts mehr hören wollen, darf ich Sie bitten sich unkompliziert auszutragen. Ansonsten wünsche ich Ihnen ein ruhiges Weihnachtsfest, die Zeit zur inneren Einkehr und zur Entspannung sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr und viel Gesundheit für Sie und Ihre Familien.

Ihr Heinz Peter Fischer

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