Fischers Zeilen im Juli 2017

Sommer, Sonne, Sonnenschein……….nicht nur der Beginn eines Liedes sondern natürlich auch die Erwartungshaltung der meisten Mitteleuropäer an die schönste Zeit im Jahr. Wenn ich heute aus dem Fenster im verregneten Bamberg blicke, bei 90 % Regenwahrscheinlichkeit und grandiosen 14 ° Celsius Außentemperatur fällt mir die notwendige Gelassenheit schwer. Viele unserer Leser haben es da gut, da diese sich bereits im wohlverdienten Urlaub befinden, der den Deutschen von den Kultusministerien sozusagen in Scheibchen – sonst würde der Verkehr wohl kollabieren – genehmigt wird.

Zurück zum (grauen) Alltagsgeschäft. Wie zu lesen war, können sich 55 Mio. Menschen – nicht in Afrika oder einem verarmten Kontinent – nein (!!!) in der EU, jeden zweiten Tag keine warme Mahlzeit leisten. Das sind knapp 11 % der Gesamtbevölkerung dieses Gebietes, in dem „Milch und Honig“ fließen. Gleichzeitig werden jedes Jahr trotzdem 88 Mio. Tonnen an Lebensmitteln in der EU verschwendet bzw. weggeworfen. Das sind satte 173 Kilogramm pro Kopf! Nur damit wir ein Gefühl dafür bekommen wieviel das wirklich ist………wir reden hier von einem Drittel aller Lebensmittel. Und das obwohl weltweit 800 Mio. Menschen hungern. Die EU Kommission hat sich endlich einmal ein lohnenswertes Ziel gesetzt, konkret diese Verschwendung bis 2030 um 50 % zu senken. Klar wird jetzt wieder jeder sagen……..13 Jahre um das zu ändern. Ja, Ozeantanker kann man eben auch nicht einfach mal einlenken und umdrehen, das dauert auch ein bisschen länger. Bitte nehmen wir es wie es ist, ein gutes Vorhaben, das wir alle unterstützen sollten.

Jane Fonda hat es wohl richtig formuliert:  

„Wir gehen mit dieser Welt um als hätten wir eine zweite im Kofferraum“

Gerade haben wir unsere Freunde von der Automobilindustrie wieder auf dem Schirm und wetzen die Messer. Was nach wie vor gärt – immer wieder schnell aus der Presse herausfällt – sind aber die Cum-Ex Geschäfte der deutschen Großbanken. Warum? Hier blamiert sich der Staat da schlicht die Trägheit seines Systems von der mittlerweile digitalen Welt der Banken gnadenlos ausgenutzt wird. Falls es Ihnen ihr Anlageberater noch nicht empfohlen oder verkauft hat – es geht ganz einfach. Banken verkaufen leer (d.h. ohne diese zu besitzen) Aktien an einen Käufer kurz vor der Dividendenzahlung, am Tag der Ausschüttung kassiert der tatsächliche Inhaber der Aktien die Dividende mit Abschlag von 25 %, danach verkauft der Inhaber tatsächlich an die Bank und nun erhält sowohl er, als auch der Käufer des Leerverkaufes eine Steuerrückerstattung. Betrug? Sicher würde ich Ihnen hier zustimmen, ist doch die Selbsterkenntnis bei den Bankern und Kunden nicht vorhanden. Als Peter Rosegger den folgenden Satz äußerte, hatte er diese Geschäfte noch nicht vor Augen:

 „Zum Reichtum führen viele Wege, und die meisten von Ihnen sind schmutzig“

Womit wir schon bei der Pharmaindustrie wären. Immer wieder werden Innovationen und neue Krebsmittel auf den Markt geworfen…….die vielversprechende Ansage, man würde länger leben. Aber stimmt das auch? Seit zwei Jahrzehenten gibt es zielgerichtete Therapien. Den größten Fortschritt brachte wohl Imatinib im Bereich der Leukämie. Andere Innovationen bleiben aber deutlich erfolgloser. Der Krebs soll verzögert werden, da Heilung meist nicht mehr möglich erscheint. Wenn dann das Leben der Betroffenen im Durchschnitt z.B. bei Prostatakrebs um 3,2 und bei Lungenkrebs um 2,1 Monate laut einer aktuellen Analyse der Fachzeitschrift JAMA Oncology verlängert wird, werden die Nebenwirkungen verschwiegen. Wer nur die Frage stellt, wieviel Prozent der Behandelten an Übelkeit leidet aber nicht hinterfragt wie gravierend und langanhaltend diese sind, will diese Erkenntnisse nicht an die betroffenen Patienten weitergeben. Viel interessanter wäre doch die Frage nach der Lebensqualität als Therapieziel. Denn ein Lebensgewinn von drei Monaten im Mittel bedeutet am Ende, das die einen Patienten überhaupt nicht darauf ansprechen und die anderen vielleicht ein Jahr mehr haben. Zu welcher Gruppe man gehört, merkt man wenn man in der misslichen Lage ist. Natürlich greift jeder Patient nach dem Strohhalm, aber die behandelnden Ärzte könnten doch in der Beratung mehr auf den echten Nutzen eingehen. Ist das falsch? Thomas Mann sagte:

„Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge“

Ebenso muss doch festgehalten werden das der Staat – so wie es heute verkündet wurde – 918 Milliarden Euro für Sozialleistungen aufwendet und der Betrag bis 2020 auf über eine Billion steigen soll. Eine Zahl mit 12 Nullen! Soziale Gerechtigkeit im 21 Jahrhundert heißt für mich nicht mehr einfach mehr Sozialstaat. Jedes Programm muss vom Steuerzahler finanziert werden und bisher hat unser „Herr der Zahlen“ Wolfgang Schäuble keine Schulden zurückgezahlt, sondern nur bestenfalls keine neuen gemacht. Die Flucht aus dem Steuer- und Sozialstaat durch Schwarzarbeit, Mini-, Midi- und sonstigen Jobs hat ihre Ursache doch in der als zu hoch empfundenen Sozialstaats, Steuer- und Abgabenlast. Die Leistungsträger unserer Gesellschaft – das sind die Steuer zahlenden Facharbeiter, Meister, Techniker, Handwerker und der Mittelstand verlangen eine neue Balance zwischen Leistung und Gerechtigkeit. Freiheit braucht Solidarität! Diese Vision muss Freiheit vor Not garantieren, Solidarität für die Schwachen sichern, Start- und Chancengleichheit für alle schaffen. Aber sie muss von einem Grundsatz ausgehen. Die Gesellschaft sorgt für eine beitragsfinanzierte Grundsicherung für alle Lebenslagen. Wer mehr will, muss sich zusätzlich selbständig versorgen oder versichern. In einer aufgeklärten Gesellschaft mit relativer Wohlfahrt im 21 Jahrhundert sichert eine solche Sozialvision mehr den freiwilligen Zusammenhalt als eine kollektive Vollversorgung. Nicht das wir uns falsch verstehen, ich spreche hier nicht für neue verkümmerte Versuche Ergänzungsversicherungen die von unserer notleidenden Versicherungswirtschaft aufgelegt werden sondern von einem Kurswechsel. Dazu macht es keinen Sinn die Sozialversicherungen auszutrocknen und optische Effekte zu produzieren. Besser wäre doch endlich (!!!) die Leistungsträger zu entlasten.

„Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, wenn ihr die Starken schwächt“

meinte Johann Heinrich Pestalozzi und spricht mir hier aus der Seele.

Am Ende darf ich dann eine kurze Nachschau zur DEGRO formulieren. Die Tendenz ist wohl klar geworden, Hypofraktionierung und Stereotaxie obwohl unser Abrechnungssystem bzw. die Gebührenordnungen nicht wirklich darauf eingestellt sind. Gut, wen juckt das schon in einer Universität, da man dort eine andere Art der Refinanzierung hat. Aber wären die Universitäten auch in der Lage alle Leistungen zu erbringen, sollte es zu einem deutlichen Rückgang in der Versorgung in der Fläche kommen und jetzt kommt die beste Frage in diesem Kontext………würde man es dann preiswerter oder teurer machen? Ich denke, wenn ich die bisherige Finanzierung betrachte, darf man getrost von einer deutlichen Steigerung der Ausgaben sprechen. Dass die Universitäten letztlich auch Wirtschaftsbetriebe sind zeigt sich doch an deren Ausstattung von Nebenstellen. Wenn abgeschriebene Beschleuniger an neuen Standorten aufgestellt werden, dann hinkt man da technisch gesehen den anderen Anbietern hinterher. Auch bei George Orwell waren nicht alle gleich und schon gar nicht im deutschen Gesundheitssystem.

Was wurde noch diskutiert? Ach ja, der mögliche Eintritt von Private Equity Fonds in den Markt. Diese verfügen über enormes Kapital (mehrere Milliarden Euro und suchen natürlich nach Märkten, in denen das Geld gut geparkt werden kann). Das ist aber keine Vision der Zukunft, sondern Realität aus dem Jahr 2017. Das bedeutet jedoch, dass die Marktlage und die Spieler sich schnell ändern werden. Ob sich diese Einsteiger dann von einer Universität abkochen lassen, darf aber bezweifelt werden. Es bleibt spannend.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein paar schöne Tage und möglichst einen hohen Erholungswert, damit Sie uns in der Zukunft auch gewogen bleiben.

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